Hat man ihn – den Kunden – endlich gewonnen, dann möchte man ihn um fast jeden Preis halten. Nur allzu verständlich in den kompetitiven, gesättigten Märkten von heute. Doch was leisten Kundenbindungs-Massnahmen wirklich und zu welchem Preis?
Kundenbindungsmassnahmen beruhen auf der vorherrschenden Meinung,
dass «es ist X mal teurer ist, einen Kunden zu gewinnen, als einen
bestehenden zu halten». Und dass «ein treuer Kunde Umsatz und
Profitabilität steigert». Wissenschaftliche Erkenntnisse relativieren
diese Annahmen jedoch stark.
Einerseits lassen sich Kundenabgänge auch mit den besten
Kundenbindungsmassnahmen nicht vollständig verhindern; sie treten bei
kleinen Marken zudem häufiger auf als bei grossen.
Andererseits erzeugen Loyalitätsprogramme im Allgemeinen wenig
Zusatzgeschäft und – noch seltener – profitablen Umsatz. Der Grund
dafür: Sie belohnen hohe Kaufraten, was in erster Linie bestehenden
Kunden nützt, ohne dass diese ihr Verhalten ändern müssen. Loyale
Wenig-Käufer werden ebenfalls angezogen, nur lässt sich mit diesen kaum
Neuumsatz generieren. Die nicht loyalen Viel-Käufer hingegen sind
wirtschaftlich am interessantesten, lassen sich aber kaum motivieren.
Erstens sollten Kundenbindungsprogramme mit Bedacht und unter rigoroser Kosten-/ Nutzenanalyse konzipiert werden. Oft ist es erfolgversprechender, freies Potential auf der Service-Ebene zu nutzen und mit positiven Kundenerfahrungen die Loyalität zu steigern. Zweitens sollten realistische Erwartungen an diese Programme gestellt werden. Sie liefern zwar wichtige Kunden-Insights, tragen aber selten zu profitablem Wachstum bei. Und drittens: Unabhängig von Kundenbindungs-Massnahmen ist es für jedes Unternehmen ein Muss, permanent Kunden zu akquirieren, um den eigenen Marktanteil behaupten zu können.
Quelle: Leader, Juni/Juli 2016