Abstimmungskommunikation

Propaganda? Wie weit Kommunikation gehen darf

Behörden möchten Abstimmungen gewinnen. Und Behörden haben eine Informationspflicht. Immer wieder stellt sich jedoch die Frage, wie weit Behörden diesbezüglich gehen dürfen. Kürzlich hat die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats den Bundesrat für dessen ihrer Meinung nach zu offensive Abstimmungskommunikation kritisiert. Eine Einordung.

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats stellte in ihrem Bericht fest, dass der Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Behörden­kommunikation zwar in den meisten Fällen eingehalten wird. Sie erachtet es jedoch als problematisch, dass in Einzelfällen der Informationsauftrag extensiv ausgelegt wurde. Die Kommission empfiehlt deshalb, in den Grundsätzen der Behördenkommunikation vor Abstimmungen die Grenzen der zulässigen Information festzulegen.

 

Anforderungen in der Bundesverfassung

Grundlage für den kommunikativen Handlungsraum bildet Art. 34 Abs. 2 der Bundesverfassung. Dieser gebietet Sachlichkeit, Transparenz und Verhältnismässigkeit. Zu den Stichworten Sachlichkeit und Transparenz gibt es Bundesgerichtsentscheide, die den Behörden eine relativ grosse Freiheit lassen. Die Einschätzung der Verhältnismässigkeit ist vorab ein politischer Vorgang.

Und hier setzt auch der Bericht der Geschäftsprüfungskommission an. Es handelt sich insbesondere um eine politische Einschätzung. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Parlamentarierinnen und Parlamentarier sich mehr Platz auf dem Feld der Abstimmungskampagne wünschen und die traditionellerweise sehr glaubwürdige Regierung eher zurückbinden wollen.


Behörden dürfen mutiger sein

Mit Blick auf die vorhandenen Bundesgerichtsentscheide dürfen Behörden in der Schweiz durchaus noch mutiger auftreten. Folgende Kommunikationsziele sind völlig legitim und werden von einer führenden Behörde, die gestaltet, auch erwartet:

  • Mit einer stufengerechten Kommunikation der Stimmbevölkerung eine fundierte Meinungsbildung ermöglichen
  • Den kommunikativen Handlungsspielraum gemäss Bundesverfassung nutzen
  • Eine Abstimmungsempfehlung mit Begründung aus Sicht der Exekutive abgeben

Es kann nicht im Interesse der Allgemeinheit sein, wenn lange und teure Planungsprozesse an der Urne scheitern, nur weil eine laute Minderheit ein schlechtes Gefühl vermittelt. Die Behörde darf und muss sachlich die Hintergründe aufzeigen. Aufgrund einer zunehmenden Polarisierung und einer schrilleren Oppositionskommunikation ist es deshalb auch nötig, direkter an die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu gelangen. So können Behörden dafür sorgen, dass die eingesetzten Steuergelder in der Planungsphase mit einem Abstimmungserfolg auch nachhaltig investiert sind.

«Die Botschafter» haben dazu bereits im Jahr 2020 einen Fachartikel verfasst.

Anhang:
Artikel Schweizer Gemeinde 3/2020 (pdf)

Links:
Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats
Stellungnahme des Bundesrats

Axel Thoma
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